Dienstag, 28. September 2010

Chicago

280 Miles, 24. September
Wieder zurück an den großen Seen. Hier warten Frauen auf uns. Aus einem verschworenen Männerbund werden plötzlich zwei Päarchen und ein Single. Bald trennen sich die Wege und ein gewisse Melancholie macht sich breit. Die Erinnerung an all die einsamen Nächte zu dritt am Lagerfeuer, voll integriert in die Nordamerikanische Tierwelt wird nochmal wach. Gemeinsam nimmt man noch einen letzten Angusburger beim McDonalds direkt gegenüber des Hotels ein. Und dort schmeckt er auch besonders gut, weil hier ist MacDonalds zuhause, hier in Chicago begann die Erfolgsgeschichte. Grund genug sich ein einblockgroßes, zweistöckiges Fastfoodmuseum hinzustellen, den sogenannten Rock´n´Roll McDonald. Dort hängt neben einer alten Corvette eine Buddy Holly Gitarre und Fotos erinnern an die wilde 50er.

Aber Chicago ist natürlich viel mehr als der Geburtsort eines Fastfoodimperiums. Außer Burgern gibt es auch die Pizza Chicago Style, auf die man 40 Minuten warten muß, weil sie frisch gemacht wird. Hier darf die Hefe noch richtig ziehen... ist dann aber auch sehr lecker, der 6cm hohe Gemüsefleischkuchen.
Leider war die Zeit mal wieder zu knapp um alles zu sehen, was man sich vorgenommen hat. Was aber vielleicht auch daran lag, dass wir vier Stunden vorm Soldier Field Stadium anstanden, um das Footballspiel Bears gegen die Green Bay Packers zu sehen. Ist ja immerhin ein Derby und nach der Baseballerfahrung wollte ich doch mal wieder etwas mehr Action auf dem Platz erleben. Leider waren eine halbe Stunde nach dem ersten Kickoff aber ca. noch 30 Leute vor uns (und gut 120 hinter uns) an Gate 2, wo es angeblich Karten geben könnte. Wir haben dann aufgegeben... unsere neuen Freunde von den Bears stehen da vielleicht immer noch. Besonders beieindruckend war der Einsatz der berittenen Polizei gegen illegale Kartenverkäufer nach Methode Wagenburg. Ansonsten war da aber gite Stimmung. Am besten wahrscheinlich auf den Parkplätzen rund ums Stadium, wo die Leute ihre BBQs gegrillt und ordentlich Bier getrunken haben. Ist nämlich der einzige Ort, an dem Alkohol im weiten Umkreis ums Stadium erlaubt ist. Was aber viele nicht weiter gestört hat. Schade, dass wir nicht reingekommen sind. Die Bears haben im letzten Viertel das Spiel noch spektakulär drehen können und 20 zu 17 gegen den Intimfeind gewonnen. Übrigens dort, wo die Deutsche Nationalmannschaft 1994 zum Eröffnungsspiel gegen Bolivien ausgelaufen ist.
links Soda, rechts Bier

Sehr geduldige Sportfans vor Gate 2

Leider traue ich mich nicht auf den Sears Tower, der seit kurzem von einem Unternehmen mit Willi im Namen gemietet wurde. Deswegen darf man jetzt nur noch Willi Tower zu ihm sagen.







 

Donnerstag, 23. September 2010

Cairo, auf dem Weg nach Chicago

300 Miles, 23. Sep
Auf dem Weg nach Chicago machen wir noch am Zusammenfluß des Mississippi mit dem Ohio River Halt. Im Dreieck der Flüße liegt das 3.600 Seelen Nest Cairo. Ist zwar kaum ein Umweg, lohnt sich aber trotzdem: das Städtchen war mal etwas größer, ist heute zu großen Teilen eine Geisterstadt, durch die die Lastwagen Richtung Norden achtlos donnern. Schöne Häuser aus den letzten beiden Jahrhunderten gammeln einsturzgefährdet mit eingeschmissenen Fenstern und aufgelassenen Türen vor sich hin. Es wirkt etwas unwirklich, gleichzeitig kürzlich und seit langem verlassen...











 links Ohio, rechts Mississippi

In Illinois scheinen die Siedler ihren Gemeinwesen gerne Mädchennamen zu geben. Wir kommen an Anna, Marion und Ina vorbei. Eine willkommen Abwechslung zu den üblichen Londons, Berlins, Yorks und Luneburgs.

Mammoth-Cave-Nationalpark, Kentucky


300 Miles, 20. September
Um die Zelte schleichen abends die Rehe und die nordamerikanischen Eichhörnchen bewerfen uns von oben mit Baumfrüchten. Obwohl ein einfacher Nationalparkcampingplatz sind die Toiletten voll klimatisiert. Da drin sind wir vor Walt- Disney´s Tierwelt und der hohen Außentemperatur sicher.
 Das nordamerikanische Eichhörnchen ist immer gut drauf.
 Das nordamerikanische Reh kann nicht sprechen
Entspannung vor Thanksgiving


Die ganze Gegende, und damit meine ich Kentucky, wirkt ziemlich verpennt und arm. Die Menschen sprechen seltsam und sehen nicht gesund aus. Das nächste größere Nest heißt Cave Town und ist ganz auf den offensichtlich jetzt gerade nicht vorhandenen Höhlentourismus ausgelegt. Die Einheimischen verkaufen am Straßenrand Felsstücke. Ein Dinosaurierland geht auf Kundenfang mit überlebensgroßen Pappmachéurzeitriesen. Jedesmal wenn wir daran vorbei fahren ist der Parkplatz leer. Haupteinnahmequelle scheinen Flohmärkte zu sein, in denen sich die Leute gegenseitig ihre Antiquitäten verkaufen. Hier haben wir endlich Ruhe vom Konsum: wir schaffen es nicht eine Shorts in 40 Meilen Umkreis zu besorgen. Mit dem Bierproblem will ich gar nicht erst anfangen...
Die Höhle ist aber super (angeblich soll es aber noch eine interessantere in Slowenien geben, sagt das Team). Es ist die längste der Welt, 300 Meilen unterirdischer Flußlauf auf vier Ebenen. Und mitten drin ein unterirdischer Speisesaal (gibt es nicht in Slowenien, dafür aber eine unterirdische Gondel).

 
 Tomatensuppe, Truthahnsandwich, Apfel, Cola, Schokoriegel, kein Bier. 




Samstag, 18. September 2010

Columbus, Ohio

350 Meilen, 19. Sep.
Eigentlich wollten wir ja an einem Stück nach Kentucky durchfahren. War dann aber doch zu weit. Also sind wir in einem schönen Motel in Columbus, Ohio gelandet. Auf dem Coupon, den man sich hier auf Autobahnraststädten sammeln kann, um günstige Angebote abzugreifen stand was von sagenhaften 49,95$ für DZ pro Nacht. Aber Ohio nimmt wohl recht viele Steuern. Wurden dann doch noch 70 Bucks für ein Zimmer. Man muß sich als Deutscher mit Schnäppchenmentalität wirklich daran gewöhnen, dass hier immer die Nettopreise genannt werden.

Dreckige Scheibe nach langer Fahrt
Ohio ist super. Nach dem Essen noch einen Träger Bier im Supermarkt gekauft. Gewohnheitsgemäß gleich die ID hervorgeholt, doch die Verkäuferin war gar nicht interessiert daran. Auf meine Frage, ob sie denn nicht meinen Ausweis sehen wolle, antwortete sie nur: "Du siehst eindeutig älter als 21 aus!".

Mhh, vorhin fand ich das noch eine nette Geschichte. Beim nochmaligen Drüberlesen empfinde ich ihre Bemerkung aber auch ein bisschen verletzend. Vielleicht ist es doch besser, das alle, egal wie alt sie aussehen, ausnahmslos ihren Ausweis zeigen müssen. Dann gibts auch keinen Streit.
Unscharf und im Dunkeln ist das wirkliche Alter von Jugendlichen schwer einzuschätzen

Niagarafälle

420 Meilen, 17. Sep.
Zwischen Montreal und den Niagarafällen liegt Toronto, wenn man rechts um den See herumfährt. Toronto hat große Umgehungsstrassen, bis zu 20 Spuren nebeneinander haben wir gezählt. Sind aber immer noch zu wenig. Also haben wir uns gemütlich um die linke Ecke des Ontariosees gestaut. Im Urlaub vergisst man auch mal gerne, dass das Wochenende für die Einheimischen am Freitagnachmittag beginnt. Bis dann endlich die Expressspur für Fahrzeuge mit mindestens zwei Insassen begann: da waren wir dann alleine auf unserer Fahrbahn und konnten an den einsamen, alleinfahrenden Werktätigen vorbeiziehen. Eine tolle Erfindung für Touristen.
Haben dann auch noch ein schönes Motel gefunden, mit allem Komfort. Der Ort Kanadisch Niagara hat mich schwer an die abendliche Atmosphäre eines Last- Minute- Urlaub in einem Badeort an der türkischen oder griechischen Mittelmeerküste erinnert. Tiefe Nachsaison. Die Imbisse und Souvernirläden sind noch offen, doch nur noch vereinzelte Touristengruppen treiben sich auf der Straße rum. Auffällig das große Angebot von Cubanischen Zigarren auf der kanadischen Seite. Wir gehen unter nicht eingeschalteten Heizpilzen einen Döner essen. Um Geld zu sparen gibt uns die mediteran aussehende Bedienung in klarem Deutsch noch diesen guten Rat: "Nimm Sandwich, ist besser!" Im Hintergrund knallen derweilen die Rakten - eine der vielen Attraktionen rund um die Fälle.
Am nächsten Morgen sehen wir dann aber die Niagara Falls bei guten Wetter in ihrer vollen Pracht. Sehr beieindruckend, sehr naß. Die Fahrt mit dem Schiff zum Wasserfall ist wirklich ein guter Spaß.


Was mir allerdings auf den Fotos, die ich bisher davon gesehen habe, noch nie aufgefallen war: das ist ja total zugebaut. Deswegen hier mal ein Foto mit der vollen optischen Wahrheit.

 

Freitag, 17. September 2010

Montreal

220 miles, 14. Sep.

Nach einer längeren Fahrt durch das grüne Vermont, dass merklich stolz auf seine ökologische Agrarproduktion ist, wird es Richtung Norden dunkler und kälter. Der canadische Grenzbeamte freut sich sehr, als er den deutschen Reiseführer mit dem "K" am Anfang von Kanada sieht. Er kann es kaum glauben - ein echter Eisbrecher.
Die kanadische Grenze von der kanadischen Seite
Montreal, 10 Grad, Regen, die Frisur sitzt. Hier sprechen plötzlich alle Französisch. Aber trotzdem besser Englisch als ihre früheren Landsleute in der alten Welt. Und der Kaffee ist auch ordentlich stark. Wir kommen in einem Motel in der nähe des Olympiastadiums unter. Auf dem Campingplatz möchte man bei diesem Wetter wirklich nicht übernachten. Scheinbar ist Regen, Schnee und Wolkenbruch Alltag in Montreal. Daher haben die Bewohner ihre Stadt komplett untertunnelt und erledigen ihre Einkäufe jetzt im Untergrund. Angeblich hat dieses unterirdische Tunnelsystem eine Gesamtlänge von 30 Kilometer.

Aber darüber steht trotzdem ansehnliche Architektur. Das Olympiastadium von 76 sieht aus wie eine Vorgängerversion der U.S.S. Voyager. Meine Münchner Freunde konnte das natürlich nur bedingt beeindrucken. Richtig erbost waren sie aber, als in der Galarie mit den Logos bzw. Plakaten aller Olympischen Spiele der Neuzeit ausgerechnet das von 72 fehlte.
Treten nur noch selten paarweise auf
Amerikanischer Pavillion von der Expo 67